Text: Elisabeth Salchli Fotos: diverse Quellen
Bericht über den Vortrag «Glocken» von Lisbeth Kuhnt
Der Untertitel des Vortrages am 07. Dezember 2023 von Lisbeth Kuhnt lautet: «Ihr Klang verbindet Himmel und Erde». Beim Lauschen der Glockenklänge spürte ich die starke physische Energie; die Härchen stellten sich auf an meinem Unterarm. Glockenklänge sind überlieferte Emotionen, und sicher liess sich jeder der 25 Zuhörenden von den Klangbeispielen berühmter Glocken berühren, die Lisbeth uns vorführte. Glocken beeinflussen Gefühle und begleiten uns ein Leben lang, man kann sich ihnen nicht entziehen.
Selber habe ich als Schulkind auch beim Aufzug einer neuen Glocke in den Kirchenturm mitgeholfen. Sie wurde auf einem reich geschmückten Wagen, gezogen von Pferden, angeliefert. Ich erinnere mich gut, wie stolz wir alle waren, ein Teil dieses wichtigen Aktes sein zu dürfen.
Aber nun von Anfang an: Gerade in dieser Jahreszeit fallen die Glockengeläute wieder vermehrt auf. Nicht nur im Christentum spielen sie eine Rolle bei rituellen Ereignissen. Schon sehr viel früher, vor über 5000 Jahren, waren Glocken aus Bronze bekannt als Musikinstrumente, die sich wohl aus Klangschalen entwickelt haben.
Glocken wurden bei kultischen Handlungen oder zur Übermittlung von Nachrichten eingesetzt. Sogar als Mass-Einheit für Getreide diente das Volumen einer Glocke. Die Abmessungen fielen je nach Kaiser unterschiedlich aus.
Der Klang von Glocken soll böse Dämonen vertreiben, darum wurde schon sehr früh den Tieren (z.B. den Kamelen) Glocken umgehängt. Kleine Glöckchen an den Füssen von Tänzerinnen galten als Schmuck.
In den Klöstern dienten die Glocken schon immer als Rufer und Mahner. Sie riefen z.B. zur Gebetszeit oder zur Essenszeit. Später dann auch in den Städten und Dörfern war es die Sprache der Glocken, die die Menschen begleiteten und sogar Informationen weiterleiteten, d.h. sie bestimmten den praktischen Tagesablauf. Die hohen Glockentürme wurden erbaut, um die Glocken näher zum Himmel zu bringen.
Wir kennen heute noch die sieben Schläge einer Betzeitglocke oder das Angelus-Geläut. Es gab aber auch schon immer wieder jemanden, den das Geläute nervte; bei Goethes Faust schimpft Mephisto über das «Gebimmel».
Das Glockengiesserei-Handwerk geht bis ins frühe Mittelalter zurück. Und noch heute ist jede Glocke ein Unikat, abhängig von Form und Material. Das «Lied von der Glocke» von Schiller zeigt Schritt für Schritt, wie eine Glocke hergestellt wird. Lisbeth hat uns sehr anschaulich vorgeführt, wie eine Glocke gegossen wird und was es dazu braucht. Geplant war für Januar eine Führung in der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau, aber leider gibt es dort keine Führungen mehr.
Zum Schluss dieses interessanten Vortrages stellte uns Lisbeth bekannte Glocken vor und wusste zu jeder etwas zu erzählen: über die grösste Glocke, die sich in Myanmar befindet oder die Zarenglocke im Kreml, die nie geläutet wurde.
Das Klangbeispiel der Pummerin aus dem Stephansdom in Wien, oder der Gloriosa vom Erfurter Dom, auch von Big Ben sowie die Glocken vom Münster in Bern lassen uns die Kraft und die Erhabenheit dieser Geläute spüren. Ganz anders das Glockenspiel aus dem Tessin, das für uns eher ungewohnt tönt.
Herzlichen Dank Lisbeth für den überaus interessanten und eindrücklichen Vortrag. Die Verbindung zum Himmel ist gelungen.
Für den gemütlichen Teil hatte Rosemary Feuermann die Kaffeemaschine samt «Zubehör» mitgebracht, und drei Damen des Vereins hatten verschiedenste «Glocken-Guetzli» gebacken. Herzlichen Dank auch an diese Damen. Wir haben es genossen.
Im deutschen SWR-Fernsehen wurde einmal ein Film über das Entstehen einer Glocke gesendet, den man auf Youtube anschauen kann – Dauer 45 Minuten: SWR Handwerkskunst: Glockengiessen