Text: M. Weinhold Fotos: H. Wasem, M. Weinhold
Führung in der Klosterkirche Muri – Einblick in tausend Jahre Geschichte
Am 23. Mai 2023 kurz nach 14.00 Uhr versammelte sich die Besuchergruppe vom forum 60 plus auf dem Vorplatz der Klosterkirche St. Martin. Bevor Peter Käch mit der Führung startete, gab er uns am Bronzemodell der Klosteranlage auf dem Vorplatz einen Überblick über den Gebäudekomplex und wies speziell auf die verdrehten Kirchturmspitzen und den vergoldeten Engel auf dem Oktagondach hin.
Wenn man die Kirche betritt, gelangt man als erstes in die Beicht-Vorkirche. Von den früheren acht Beichtstühlen sind heute noch drei übrig. Die Decken und Wände sind mit über zweihundert 300jährigen Bildmotiven geschmückt, die zwischenzeitlich weiss überstrichen worden waren und wieder freigelegt wurden.
In das ehemals romanische Hauptschiff wurde Ende des 16. Jahrhunderts ein lichtdurchflutetes Oktagon eingefügt sowie südlich und nördlich die beiden Märtyrerkapellen angebaut. Auf den östlichen Eckemporen stehen zwei Chororgeln von 1743 mit gleichem Kammerton, auf der Empore zwischen den Türmen befindet sich die Hauptorgel von 1630. An wenigen Terminen im Jahr wird die Gelegenheit geboten, Konzerten von allen vier Emporen zu lauschen.
Während wir im Oktagon standen, ging Peter Käch etwas ausführlicher auf die Geschichte des Klosters ein: Radebot aus dem Hause Habsburg schenkte seiner Gemahlin Ita von Lothringen zur Hochzeit das Gebiet des Freiamts und gründete mit ihr unter Beteiligung von Benediktinermönchen aus dem Kloster Einsiedeln im Jahre 1027 das Kloster Muri. Mönche aus Muri wiederum besiedelten 1120 das neu gegründete Kloster Engelberg. Zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert wurde das Kloster von einem Brand und verschiedenen Plünderungen und Verwüstungen heimgesucht.
Ende des 17. Jahrhunderts erfolgte unter Abt Zurlauben der Neubau des Klosters und der Klosterkirche mit Einfügen des Oktagons. Die geschlossene Ostwand des Oktagons wurde später durch eine Ziergitter-Konstruktion ersetzt, sodass ein Durchblick zum Chorgestühl und zum Hochaltar möglich wurde. 1841 erfolgte schliesslich die Aufhebung des Klosters durch den Kanton Aargau und es entstand eine kantonale Pflegeanstalt.
Weiter ging die Führung im nichtöffentlichen Teil der Klosterkirche. Im Hochchor mit dem kunstvoll geschnitzten Chorgestühl von 1660 beteten früher die Mönche sieben Mal am Tag.
Auf den Säulen des Chorgestühls, von Simon Bachmann 1650 – 1659 erbaut, stehen auf beiden Seiten allgemein bekannte Heiligenfiguren mit ihren Symbolen in der Hand, z. B. Benedikt mit einem zerbrochenen Becher. Östlich des Chors befindet sich der Benediktkapelle, westlich davon die Marienkapelle.
Als nächstes stiegen wir hinunter in die Krypta. Sie ist als starker Energieort allgemein bekannt – es wurden 30'000 Bovis-Einheiten an diesem Ort gemessen.
Aus dem Krypta zurück führte der Weg in den Kapitelsaal, der früher als «Büro» und Lesesaal für die maximal 30 Mönche diente. Zur Einstimmung auf das damalige Klosterleben las uns Peter Käch aus einem alten Büchlein eine kleine Auswahl der sehr detaillierten Ordensregeln für Benediktinermöche vor, wie sie der Heilige Benedikt im Jahr 520 aufgezeichnet hat.
Danach folgte einer der Höhepunkte der Klosteranlage – der Kreuzgang. Zwischen 1554 und 1625 wurden die Kreuzgangbögen mit Fenstern verschlossen und mit farbigen Glasgemälden geschmückt. Meist wurden diese von Adligen «gesponsert», die wegen ihres sündigen Verhaltens etwas gegen ihr schlechtes Gewissen tun wollten.
Der Rundgang endete bei der Loreto-Kapelle, der Grablegungsstätte der Habsburger. Hinter einem Sichtschutz haben in Wandnischen die Herzen von Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita – letzter Kaiser und letzte Kaiserin von Österreich-Ungarn – ihre letzte Ruhe gefunden.
Hinter dem Betstuhl führt eine Treppe in die Gruft hinunter, wo in Steinsarkophagen verschiedene Mitglieder des riesigen Habsburger-Clans ruhen. Auch heute lebende Familienmitglieder der Habsburger hätten das Recht, Muri als ihre letzte Ruhestätte zu wählen.
Das forum 60 plus bedankt sich ganz herzlich bei Peter Käch für seine beeindruckende Führung. Ein grosses Dankeschön auch an Heidi Wasem für das Organisieren dieses Einblicks in fast 1000 Jahre Geschichte im Freiamt.
Nach einer Erfrischung und Erholung im Restaurant benedikt der pflegimuri ging es im Regen hinunter zum Bahnhof und mit der S26 zurück nach Brugg.