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Text und Fotos: Matthias Weinhold

Vortrag von Claudia Fries

Informativer Vortrag zum Thema «Beistandschaften»

Jüngere und vor allem ältere Menschen können in die Lage kommen, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr oder nur noch teilweise selbst besorgen können. Wenn dadurch das Wohl und der Schutz einer hilfsbedürftigen Person gefährdet ist, prüft das zuständige Familiengericht geeignete Massnahmen.

Claudia Fries, Geschäftsführerin der Sozialen Dienstleistungen Region Brugg (SDLRB), schaffte es, in ihrem Vortrag am 25. April bei der Sanavita AG hervorragend, das durch Berichte in den Medien ramponierte Image der KESB durch leicht verständliche Ausführungen über die verschiedenen Arten der Unterstützung in ein positives Licht zu rücken.

Ihren Werdegang stellte sie kurz auf einer Folie mit Symbolfotos dar: zertifizierte Mediatorin, Lizentiat in Rechtswissenschaften, Fachoffizier mit einjähriger Tätigkeit bei der KFOR, Prüfungsexpertin Tourismusrecht, Vorstandstätigkeit in verschiedenen Gremien – und seit 2020 Geschäftsführerin der SDLRB.

Die SDLRB ist in drei Tätigkeitsbereiche gegliedert, den Kinder- und Erwachsenen-Schutz-Dienst (KESD), die Jugend- und Familienberatung (JFB) und Mütter- und Väterberatung (MVB).

Als erstes betonte sie, dass es in ihren Ausführungen um den KESD geht. Im Aargau übernehmen die Familiengerichte die Aufgaben der Kinder- und Erwachsenen-Schutz-Behörde (KESB) dies unter Aufsicht des Obergerichts. Die frühere soziale Verantwortung der Gemeinden ging 2013 an die KESB über.

Die vier Möglichkeiten der BeistandschaftGrundsätzlich handelt es sich bei ihrer Behörde um das organisatorische Beziehungsdreieck Beistand – Administration – Buchhaltung. Ein Grundsatz ist die Verhältnismässigkeit der Massnahmen und der zweite Grundsatz die Subsidiarität, d.h. die betreffende Person kann sich grundsätzlich selbst Hilfe und Unterstützung besorgen.

Es gibt vier massgeschneiderte Beistandschaften, die je nach Ursache und Schutzbedürftigkeit eingerichtet werden. Auch eine Kombination ist dabei möglich:

  1.  Begleit-Beistandschaft (Coaching-Funktion)
    – Agieren nur mit Zustimmung der betroffenen Person
    – Aufgabe der Beistandsperson: begleitend, beratend
    – Beistandsperson hat keine Vertretungsmacht
     
  2.  Vertretungs-Beistandschaft (am häufigsten)
    – Beistandsperson vertritt die betroffene Person in den Lebensbereichen, in denen sie ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann
    – Falls nötig kann die KESB die Handlungsfähigkeit in diesen Bereichen entziehen

  3.  Mitwirkungs-Beistandschaft
    – Betroffene Person muss für bestimmte Handlungen jeweils die Zustimmung der Beistandsperson einholen
    – Erst mit dieser Zustimmung kann die Handlung rechtsgültig vorgenommen werden

  4.  Umfassende Beistandschaft (es wird alles übernommen)
    – Entspricht der früheren Vormundschaft
    – Die Beistandsperson entscheidet und vertritt die betroffene Person vollumfänglich, die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt
    Wird sehr selten angeordnet!

Claudia Fries betonte ausdrücklich, dass bei jeder Beistandschaft die Aufgaben der Beistandsperson individuell festgelegt werden und die Handlungsfähigkeit nicht zwingend eingeschränkt wird.

Weiter erklärte sie den Verfahrensablauf zwischen KESB und KESD. Zuerst erfolgt die Wahrnehmung in Form einer Gefährdungsmeldung, Kinderschutzmeldung oder Meldung der Polizei. Vom Internet kann ein Formular für die Gefährdungsmeldung heruntergeladen und ausgefüllt an das zuständige Familiengericht geschickt werden, was mit einer Eingangsbestätigung quittiert wird. Auf die Meldung folgt die Informationsbeschaffung durch die KESB (Sozialberichte, Akteneinsicht, Anhörungen). Das Kollegium bei des KESB entscheidet dann über die erforderlichen Massnahmen und beauftragt den KESD mit der Umsetzung der Massnahmen und definiert den Aufgabenbereich. Der KESD muss dabei alle 2 Jahre Rechenschaft über ihre Tätigkeit gegenüber dem Familiengericht ablegen.

Das Publikum folgt konzentriert den AusführungenZum Abschluss ging Claudia Fries noch auf die Kosten für Beistandschaften und die nötigen Qualifikationen für Beistandspersonen ein und betonte noch einmal den Grundsatz: «Ich kann weiterhin vieles selbst entscheiden» und bestätigte, dass bei Problemen ein Wechsel des Beistands möglich ist.

Nach einer guten Stunde war noch Gelegenheit Fragen zu stellen, was auch rege genutzt wurde. Ein Zuhörer aus dem Publikum bedankte sich ganz herzlich für ihren informativen Vortrag, was mit einem allgemeinen Applaus bekräftigt wurde.