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Änderungen im Erbrecht ab 2023

Text: Matthias Weinhold

Was hat sich im Erbrecht am
1. Januar 2023 geändert?

Rund 73'000 Menschen sind 2022 in der Schweiz gestorben. Bei jedem Verstorbenen tritt automatisch das gesetzliche festgelegte Erbrecht in Kraft, welches jedoch durch Testament und Verfügungen zu einer festgelegten Aufteilung auch auf die eigenen Wünsche angepasst werden kann.

Am 1. Januar 2023 sind wichtige neue Bestimmungen im Erbrecht in Kraft getreten. Dr. iur. Ernst Kistler, Rechtsanwalt und Notar in Brugg, sprach in seinem Vortrag am 31. Januar 2023, mit Hilfe der altbewährten Technik eines Hellraumprojektors und in seiner humorvollen Art über dieses gern verdrängte, etwas trockene Thema der Revision des Erbrechts, die in drei Etappen durchgeführt wird.

Als erstes beruhigte Dr. Ernst Kistler die Zuhörenden: beim gesetzlichen Erbrecht und der normalen Erbfolge gibt es keine Veränderungen.

Danach ging er auf die einzelnen Änderungen detaillierter ein, die neu sind:

  1. Anpassung der Pflichtteile
    – Abschaffung Pflichtteile für die Eltern
    – Reduktion des Pflichtteil der Nachkommen von ¾ auf ½

    Dadurch ergibt sich mehr Gestaltungsspielraum für den Erblasser, aber auch mehr Konfliktpotential

  2. Verlust des Erbrechts im Scheidungsverfahren
    – auf gemeinsames Begehren hin
    – bei über 2 Jahren Trennung

    Bei der Scheidung sollte unbedingt Verfügung darüber erstellt werden

  3. Schenkungsverbot
    – Schenkungen, die einem Erbvertrag widersprechen, sind anfechtbar
    – Ausnahme: übliche Gelegenheitsgeschenke

    Folge davon: im Erbvertrag sollen Schenkungen ausdrücklich vorbehalten werden

  4. Gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a)
    Klärung der bisherigen, unsicheren Rechtslage:
    – Kapital ist nicht Teil des Nachlasses, sondern steht direkt Begünstigtem zu
    – Kapital- bzw. Rückkaufwert wird bei der Berechnung der Pflichtteile dem Vermögen des Erblassers hinzugerechnet

  5. Gegenstände und Reihenfolge der Herabsetzungen
    Klärung der bisherigen, unsicheren Rechtslage:
    – Erwerbungen gemäss gesetzlicher Erbfolge
    – Zuwendungen von Todes wegen
    – Zuwendungen unter Lebenden

Bevor Dr. Kistler die kurze Zusammenfassung seiner Ausführungen präsentierte, erklärte er in Stichworten – und auf Fragen aus dem Publikum hin auch ausführlicher, was sich durch die Erbrechts-Revision nicht geändert hat. Vor allem wies er auf die notwendige Form des letzten Willens hin: handschriftlich von Anfang bis zu Datum und Unterschrift oder ein vom Notar erstelltes und bei diesem hinterlegtes Testament.

Die über fünfzig Zuhörerinnen und Zuhörer verdankten die spannenden und bedenkenswerten Ausführungen des Experten mit warmem Applaus.