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2019 04 30 Roeschtigraben 01Von: Vreni Stämpfli          Fotos: Vreni Stämpfli und Heidi Wasem

Reportage: Vereinsreise über den Röschtigraben vom 30.04.2019

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38 gutgelaunte forum 60 plus-Mitglieder bestiegen den Eurobus, gespannt darauf, was sie wohl diesseits und ennet dem Röschtigraben erwarten würde.


Chauffeur Andreas fuhr zügig über die Autobahn Richtung Westen. Während der Fahrt gab uns Lisbeth Kuhnt, die die Reise organisiert hatte, interessante Informationen. Von Düdingen bis westlich von Freiburg gibt es zahlreiche Klöster, Abteien, Kapellen und Wegkreuze zu entdecken. Der Saanegraben ist über weite Strecken tief in den Sandstein eingefressen, was die Landschaft besonders reizvoll macht. Diese besondere Gegend mit den vielen architektonischen Kostbarkeiten hat 2018 zu Recht die Auszeichnung "Landschaft des Jahres" verdient.

2019 04 30 Roeschtigraben 02Unser erstes Ziel, Freiburg im Uechtland, (Uechtland = hügeliges Land), erreichten wir pünktlich. Die Stadt wurde 1157 durch Herzog Berthold IV von Zähringen gegründet. Weitere Schweizer Zähringer-Städte, die dieses Herzoggeschlecht gegründet hat, sind Bern, Murten, Burgdorf, Thun und das Städtchen Rheinfelden. Allen Zähringer-Städten eigen ist der typische Stadtgrundriss mit dem Zähringer-Strassenkreuz. Zwei Strassenzüge, die sich annähernd rechtwinklig kreuzen, teilen das Stadtgebiet in vier Quartiere. Im 12. Jahrhundert war Freiburg noch deutschsprachig. Später, mit der Industrialisierung, kamen immer mehr Arbeiter aus dem französischsprachigen Umland in die Stadt, so dass ab dem 18. Jahrhundert die deutsche Sprache nur noch von einer Minderheit gesprochen wurde.

Zur Stadtführung teilten wir uns in zwei Gruppen. Die Gruppe, mit der ich unterwegs war, besuchte zuerst die Liebfrauenkirche, die älteste Kirche Freiburgs aus dem 12. Jahrhundert. Die Franziskanerkirche, unsere nächste Station, enthält das älteste Chorgestühl der Schweiz (1306), das eine Eigenheit aufweist. Unter den Sitzen hat es Oeffnungen, die den Katzen, die zur Mäusejagd gerne geduldet wurden, Unterschlupf boten. Durch die Hochzeitergasse ging es dann hinunter zur Zähringerbrücke, von wo man einen schönen Blick in die "Basse-Ville", die Unterstadt (das ehemalige Armenquartier), hat.

D2019 04 30 Roeschtigraben 03er rote Turm, der Katzenturm und das Berntor sind die drei Türme im Wappen der Stadt Fribourg. Das Kloster war eine viel besuchte Herberge für die Wanderer auf dem Pilgerweg nach Santiago, der durch die Basse-Ville führte, bevor die erste Zähringerbrücke errichtet wurde. Die Basse-Ville hat noch eine Besonderheit, einen eigenen Dialekt, das Bolze, eine Mischung aus Französisch und Deutsch. Dieser Dialekt entstand im 19. Jahrhundert. Viele Bauern mussten den deutschsprachigen Sensebezirk verlassen, weil sie kein Auskommen mehr hatten. Sie siedelten sich in der unteren Altstadt an. Das Leben der Kinder spielte sich meist auf der Strasse ab und so vermischten sich die Sprachen und es entstand eine neue, das Bolze. Ein Beispiel: Le vatre a schlagué le chatz avec un steck.

2019 04 30 Roeschtigraben 04Um die Mittagszeit stärkten wir uns im Restaurant Schweizerhalle mit einem feinen Essen und dann ging die Fahrt weiter, wieder zurück über den Röschtigraben nach Guggisberg. Dort erfuhren wir die traurige Geschichte die im Guggisberger-Lied erzählt wird, wo Vreneli vor Kummer gestorben ist, weil es den Hansjoggeli nicht haben konnte. Gemäss der Dorfchronik von Guggisberg lebte Hansjakob Binggeli, Hansjoggeli, von 1642-1736. Von Vreneli ist kein Geburts- oder Todesdatum bekannt. Zum Schluss der Erzählung in der Kirche sangen wir noch alle zusammen ein paar Strophen von "S isch äben e Mönsch uf Aerde – Simelibärg".

2019 04 30 Roeschtigraben 05Anschliessend machten wir einen Besuch im kleinen Dorfmuseum, wo die einfache Guggisberger-Tracht ausgestellt ist, die nicht knöchellang ist, wie die meisten Trachten, sondern nur knapp die Knie bedeckt. Im Restaurant Sternen genossen wir noch ein einheimisches Dessert, die Frauen einen "Vreneli-Coupe" die Männer einen "Hansjoggeli-Coupe". Die Heimfahrt führte uns durch den Naturpark Gantrisch. Der Park besteht seit 2012, ist gut 400 km2 gross und umfasst 28 Gemeinden. Bekannte Orte sind Schwarzenburg, Plaffeien, Riggisberg und Rüeggisberg mit einer der grössten Klosterruinen im Bernbiet.

Wir haben auf dieser Reise viel Unbekanntes entdeckt, ohne dass wir den Röschtigraben richtig wahrgenommen hätten. Danke Lisbeth für die Idee und die wie immer ausgezeichnete Organisation.

Vreni Stämpfli